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Verzugszinsen

Verzugszinsen sind der Schrecken des Schuldners. Der Gläubiger will den Zinssatz möglichst hoch ansetzen und damit Druck auf den Schuldner ausüben; der Schuldner möchte so wenig wie möglich zahlen. Das Gesetz ist an einem Interessenausgleich interessiert und regelt, wer wann wieviel fordern darf. Wichtig ist, die rechtlichen Begriffe nicht durcheinander zu bringen und die einschlägigen Rechtsnormen richtig zuzuordnen.

Was ist der gesetzliche Zinssatz?

Von den Verzugszinsen sind zunächst die normalen Zinsen zu unterscheiden. Wer Geld schuldet, zahlt dafür Zinsen (typischer Fall: Darlehen). Der vertragliche Zinssatz kann zwischen den Parteien frei vereinbart werden. Es besteht Vertragsfreiheit. Wird nichts vereinbart, beträgt der gesetzliche Zinssatz 4 Prozent, sofern Privatpersonen beteiligt sind (§ 246 BGB). Bei beiderseitigen Handelsgeschäften, bei denen auf beiden Seiten Kaufleute stehen, beträgt der gesetzliche Zinssatz 5 Prozent (§ 352 HGB).

Was sind Verzugszinsen?

Verzugszinsen werden erst dann relevant, wenn der Schuldner in Verzug ist. Der Schuldner kommt in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers nicht zahlt (§ 286 BGB). Das ist der Grundsatz. Eine Mahnung erübrigt sich, wenn die Parteien den Zeitpunkt der Leistung kalendermäßig bestimmt haben. Dann kommt der Schuldner automatisch mit Eintritt des vereinbarten Zahlungstages in Verzug. Beispiel: Der Kaufpreis beträgt 100 Euro. Er ist am 3. August 2015 zur Zahlung fällig. Zahlt der Schuldner am 3. August nicht, befindet er sich ab dem 4. August in Verzug. Ab dem Zeitpunkt des Verzugs muss er Verzugszinsen bezahlen. Die Parteien können vertraglich auch auf eine Mahnung verzichten. Sie formulieren dann, dass der Kaufpreis sofort nach Lieferung der Ware zur Zahlung fällig ist und Verzug ohne Mahnung eintritt.

Vielfach wird die Höhe der anfallenden Verzugszinsen vertraglich gleich mit geregelt. Beispiel: "Kommt der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug, schuldet er dem Verkäufer über die Dauer seines Verzuges Verzugszinsen in Höhe von 8 % per annum". Diese Vereinbarung hat den Vorteil, dass der Verzugszins zwischen Gläubiger und Schuldner unstreitig gestellt wird. Der Gläubiger braucht dann im Streitfall keinen Nachweis über die Höhe der Verzugszinsen zu führen. Klauseln dieser Art können allerdings nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern nur individuell vereinbart werden.

Wie werden die Verzugszinsen bestimmt?

Die Parteien können die Verzugszinsen frei bestimmen (§ 288 III BGB). Gibt es keine diesbezügliche Vereinbarung, setzt § 288 I BGB den Verzugszinssatz fest. Er beträgt 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 I Satz 2 BGB). Voraussetzung ist, dass es sich um ein Rechtsgeschäft handelt, bei dem ein Verbraucher beteiligt ist. Handelt sich um ein Rechtsgeschäft, bei dem nur Kaufleute beteiligt sind, beträgt der Verzugszinssatz 9 Prozent Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 II BGB).

Was ist der Basiszinssatz?

Der Basiszinssatz ist in § 247 BGB geregelt. Er beträgt zum 1. Januar 2015 minus 0,83 Prozent. Der Basiszinssatz ist variabel und wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli von der Deutschen Bundesbank im Bundesanzeiger bekannt gemacht. (Für Interessierte: Als Bezugsgröße für die Festsetzung des Basiszinssatzes dient der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres. Dies bedeutet nichts anderes, als dass sich der Basiszinssatz jeweils an der Kapitalmarktsituation orientiert). Der Basiszinssatz ist in der Tat variabel. So betrug er beispielsweise zum 1.7.2008 3,32 Prozent. Infolge der Finanzkrise sank er kontinuierlich zum 1.1.2010 auf 0,12 Prozent und lag am 1.1.2013 sogar erstmals im negativen Bereich bei minus 0,13 Prozent. Der seit 1.1.2015 maßgebliche Basiszinssatz wird zum 1.7.2015 neu festgesetzt.

Wie berechnet sich der Verzugszinssatz nun konkret?

Befindet sich der Schuldner in Verzug, zahlt er Verzugszinsen. Diese betragen 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Der Gesetzgeber verwendet dabei den Begriff "Prozentpunkte". Es geht also nicht um "Hundertstel", sondern um die Differenz zwischen zwei Prozentzahlen. Deshalb betragen die Verzugszinsen bei einem beispielhaften Basiszinssatz von 1 % nicht etwa 1,05 Prozent (1 plus 5 % daraus), sondern 6 Prozent (1 Prozent Basiszinssatz plus 5 Prozent Verzugszinssatz).

Verzugszinsen sind nicht verzinslich

§ 289 BGB bestimmt ein Zinseszinsverbot. Danach ist es nicht möglich, auf Verzugszinsen erneut Verzugszinsen zu berechnen. Dies macht Sinn, um die Geldsumme nicht ins Unendliche auflaufen zu lassen.

Was ist ein Verzugsschaden?

Ungeachtet der Verzugszinsen kann der Gläubiger vom säumigen Schuldner einen über den Verzugszinssatz hinausgehenden Zins verlangen. Das Gesetz spricht vom Verzugsschaden (§§ 288 IV,280 II BGB). Der Verzugsschaden begründet sich daraus, dass der Schuldner die fällige Leistung nicht termingerecht erbringt. Der Verzugsschaden kann darin bestehen, dass der Gläubiger selbst einen Bankkredit in Anspruch nimmt und dafür einen noch höheren Zinssatz entrichten muss. In Betracht kommt auch, dass der Gläubiger mit dem Geld besonders zinsgünstige Anlagen in Wertpapieren getätigt hat und ihm infolge des Verzugs des Schuldners dieses Geld für die Anlage nun fehlt.

Fazit

In Zeiten, in denen der Basiszinssatz im unteren Bereich liegt oder sogar negativ ist, profitiert der Schuldner. Gläubiger müssen berücksichtigen, dass Verzugszinsen nur effektiv sind, wenn der Schuldner tatsächlich zahlungsfähig ist. Ist der Schuldner überschuldet oder gar insolvent, nutzt der beste Verzugszins nichts. Dann sind beide Parteien gut beraten, den Schaden im Wege einer Zahlungsvereinbarung möglichst gering zu halten.

Autor: Sebastian Kraft, seit 2015 Schuldnerbetreuer bei Saturn Inkasso.